Unverzichtbarer Klassiker

    Schnupperlehren – In der Corona-Krise müssen Jugendliche häufig ohne auskommen. Auch Berufsmessen fallen aus. Als Folge davon könnten freie Lehrstellen im Sommer nicht besetzt werden. Zudem ist eine Schnupperlehre essenziell für den gesamten Berufswahlprozess. Deshalb setzen sich Unternehmer, Verbände und die Schulen gemeinsam dafür ein.

    (Bild: zVg) Der Berufswahlprozess darf nicht unterbrochen werden.

    «Geht schnuppern, schnuppern, schnuppern.» Diese Botschaft hören Jugendliche im Berufswahlalter und Lehrstellensuchende immer wieder. Die Schnupperlehre ermöglicht ihnen die Vorstellung über einen Beruf mit der Realität abzugleichen und einen Betrieb kennenzulernen. Und sie dient den Lehrbetrieben als wichtiges Selektionsinstrument. Doch: Die Pandemie macht KMU und Jugendlichen einen dicken Strich durch das Schnupperlehre-Programm. Viele Ausbildungsbetriebe ersetzen das Schnuppern durch weniger aufwendigere Formate – auch digitale. Für Christine Davatz, Vizedirektorin des Schweizerischen Gewerbeverbades sgv und verantwortlich für die Berufsbildung, ist die Schnupperlehre der Start des Berufswahlprozesses. «Es ist unerlässlich, dass Jugendliche in dieser wichtigen Phase der Berufsorientierung trotz Pandemie einen Einblick in die Arbeitswelt erhalten. Dies ist unter Einhaltung der Schutzkonzepte möglich.» Und die Bildungsfachfrau ergänzt: «Dies ist wichtig sowohl für Betriebe wie auch für die Jugendlichen. Wie sollen sonst Unentschlossene herausfinden, was für eine Lehre sie machen wollen?»

    Breite Unterstützung von Schule und Gewerbeverbände
    Auch die Schulen Zuchwil erachten das Schnuppern als eine wichtige Komponente in der Berufsorientierung und unterstützen die Schulabgehenden dabei. So hat das Oberstufenzentrum Zelgli im Dialog mit dem Gewerbeverein Zuchwil und dem Kantonal Solothurnischen Gewerbeverband kgv-so dieses Jahr proaktiv Betriebe angeschrieben bezüglich Schnupper-Konzept. «Die Belastung ist gross, verschiedene Schülerinnen und Schüler haben nur Absagen bekommen. Doch die meisten Jugendlichen bleiben zuversichtlich und motivieren sich gegenseitig», weiss Schulleiterin Barbara Weibel Schoch. «Viele Zuchwiler Drittsekler haben jedoch bereits einen Lehrvertrag unterzeichnen können.»

    Dies bestätigt auch Thomas Jenni, Projektleiter Berufsbildungsmarketing des kgv-so. «Gemäss Amt für Berufsbildung, Mittel- und Hochschulen sind die abgeschlossenen Lehrverträge auf dem Vorjahresniveau.» Der kgv hat bereits letztes Jahr das Projekt «Lehrstellencoaching und -vermittlung mit einer virtuellen Lehrstellenbörse» lanciert. «Wir coachen aktuell mit 30 Coaches an 16 Schulstandorten. Über 200 Schülerinnen und Schüler machen dabei mit und bereits 40 Jugendliche konnten vermittelt werden», freut sich Jenni.

    «Das direkte Erleben unserer Berufe, die Leidenschaft, das faszinierende Handwerk – all dies fehlt. Deshalb sind die Schnupperlehren für unsere Branche besonders in dieser Situation eminent wichtig», betont Silvan Hotz, Präsident des Schweizerischen Bäcker-Confiseurmeister-Verbands SBC. «Hier entsteht der direkte Kontakt zu den potenziellen Nachwuchsleuten und zu den Eltern.» Allerdings stellt er fest, dass viele Ausbildungsbetriebe aufgrund der aktuellen Lage eher vorsichtig sind, wenn es um Schnupperlehren geht. «Bei Jugendlichen, die fürs 2022 eine Lehrstelle suchen, sind die Ausbildner im Moment zurückhaltender.»

    (Bild: zVg) Trotz Pandemie: Eine Schnupperlehre ist für Jugendliche und Betriebe wichtig.

    Jugendliche sind dankbar
    Dass Corona bedingt derzeit Schnupperlehren wenig gefragt sind, stellt auch Unternehmerin und Thurgauer SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr fest. Das sgv-Vorstandmitglied warnt davor, dass in der Folge freie Lehrstellen im Sommer nicht besetzt werden können: Aufgrund der Corona-Pandemie trauen sich viele Jugendliche gar nicht erst, die Betriebe für eine Schnupperlehre anzufragen, auf der anderen Seite fehlen im Vergleich zu anderen Jahren auch entsprechende Angebote von Betrieben in der Region.» Die Mitinhaberin der Ernst Fischer AG in Romanshorn, rechnet damit, dass viele Betriebe im Sommer mit einem Lernenden-Engpass konfrontiert sein werden und in der Folge die Brückenangebote des Kantons wie das 10. Schuljahr förmlich überrennt werden könnten.

    Deshalb hat sie mit einer Kampagne mittels Plakate und den sozialen Medien zum Schnuppern aufgerufen. «Zahlreiche Jugendliche haben bei uns die Berufe Metallbauer/-in EFZ, Metallbaupraktiker/-in EBA und Metallbaukonstrukteur/-in EFZ näher unter die Lupe genommen – selbstverständlich unter Einhaltung der aktuellen Schutzkonzepte», sagt Marco Falcone, Berufsbildner der Ernst Fischer AG. Alle Jugendlichen seien äusserst dankbar für diese Möglichkeit. «Wir setzen bei der Besetzung der Lehrstellen seit Jahren auf Schülerinnen und Schüler, die bei uns bereits eine Schnupperlehre absolvierten – so können wir sicher sein, dass die Jugendlichen grundsätzlich wissen, ob die Berufsrichtung für sie die richtige ist», so Falcone.

    Corinne Remund


    Per Zoom zum Lehrbetrieb

    ONLINE-LEHRSTELLENBÖRSE – Der Gewerbeverband Basel-Stadt hat dieses Pilotprojekt erfolgreich im letzten Jahr gestartet. Nun setzen weitere Kantone auf dieses Tool, das momentan die nichtstattfindenden Berufsmessen kompensiert.

    (Bild: zVg) Online ein erstes persönliches Kennenlernen zwischen Lehrstellensuchenden und Ausbildungsbetrieben.

    Der Gewerbeverband Basel-Stadt GVBS hat bereits im Sommer 2020 erste Erfahrungen mit der Online-Lehrstellenbörse gesammelt und führt dieses Angebot in diesem Jahr von Januar bis Juni monatlich durch. Dabei melden sich interessierte Ausbildungsbetriebe online für das jeweilige Durchführungsdatum an. Dabei hat der GVBS mit seinem Angebot den Nerv der Zeit getroffen und unterstützt so in einer schwierigen Situation sowohl Betriebe als auch die betroffenen Jugendlichen. «Die Betriebe schätzen den zusätzlichen Rekrutierungskanal, der sehr effizient und ortsunabhängig ist. Wir haben bereits einige «Stammkunden». Auch diverse Kleinstbetriebe nehmen daran teil, und haben über unsere Plattform bereits erfolgreich rekrutiert», freut sich Reto Baumgartner, Vizedirektor des Gewerbeverbandes Basel-Stadt und Verantwortlicher für die Berufsbildung. Die Meetings finden am Veranstaltungstag via Zoom statt, was gerade für die KMU auch Vorteile hat. So können die Ausbildungsbetriebe zwischen zwei Zeitfenster wählen und haben einen geringeren Zeitaufwand. Die Gespräche dauern jeweils 15 Minuten. Die Plattform ist ortsunabhängig und somit auch gut für das Homeoffice geeignet. «Die Befragung zu den ersten Durchführungen 2021 erfolgt Ende März. Wir wissen aber, dass bereits mindestens sechs Lehrverträge aufgrund dieser Plattform abgeschlossen wurden», so Baumgartner.

    Im Januar und Februar haben bereits 40 Ausbildungsbetriebe und 150 Lehrstellensuchende mitgemacht. Und was sagen die Jugendlichen dazu? «Sie finden dieses Medium gut», so Baumgartner. Bis jetzt hat technisch alles problemlos funktioniert. «Das Online-Angebot wird als effiziente Methode wahrgenommen, um direkt mit den Berufsbildnerinnen und -bildnern ein erstes persönliches Gespräch zu führen.»

    Kantons St. Gallen lanciert eine Online-Lehrstellenbörse
    Diesen erfolgreichen Basler Weg will auch der Kantonale Gewerbeverband St. Gallen (KGV) künftig einschlagen. Er hat in Zusammenarbeit mit dem Amt für Berufsbildung und Berufsberatung St. Gallen ein eigenes Tool entwickelt. Das Pilotprojekt startete im März mit einer Online-Lehrstellenbörse.

    Corinne Remund

    gewerbe-basel.ch/online-lehrstellenboerse

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